Mitarbeitende sind zunehmend unzufrieden mit ihrem Job und entscheiden sich sogar dafür, das Unternehmen zu verlassen, weil ihnen die Anerkennung fehlt. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber weiterhin vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, hoher Fluktuation und des Wunsches der Mitarbeiterbindung von großer Bedeutung. Doch was genau zählt als Anerkennung und warum fühlen sich Mitarbeitende manchmal nicht ausreichend gesehen? Wie kann ein Unternehmen oder eine Führungskraft Anerkennung zeigen, auch wenn scheinbar nur begrenzte Mittel zur Verfügung stehen? Und wie sollte Anerkennung vermittelt werden, damit sie ihre beabsichtigte Wirkung beim Empfänger entfaltet? Unser Blog-Beitrag wirft Licht auf diese wichtige, motivierende, aber oft schwer greifbare Komponente der Arbeitswelt.
In Bezug auf Leistung am Arbeitsplatz kann Anerkennung sowohl verbal als auch durch andere Formen erfolgen, wie zum Beispiel durch Auszeichnungen, monetäre Benefits oder Beförderungen. Manche mögen argumentieren, Anerkennung besonders in Form einer Gehaltserhöhung als passend zu empfinden. Dieser Impuls ist nachvollziehbar, denn so wird Anerkennung messbar, sichtbar und schafft einen direkten Mehrwert. Nicht selten wird monetäre Anerkennung aber auch als „Hygienefaktor“ eingestuft, dessen Wirkung schnell verpufft, wenn das neue Gehalt selbstverständlich wird und die Unzufriedenheit an anderer Stelle unaufgelöst bleibt. Neben monetären Benefits und verbalem Lob gibt es weitere Zeichen der Anerkennung, die Unternehmen sehr individuell nutzen können, besonders wenn finanziell weniger Spielraum besteht. Es können maßgeschneiderte Entwicklungsmaßnahmen vereinbart werden, internes Mentoring, mehr Flexibilität am Arbeitsplatz, die Übernahme bestimmter Beiträge (Kindergarten o.ä.) oder die Teilnahme an Messen und Veranstaltungen. Die Liste ist beliebig lang, es bleibt aber wichtig, diese Anerkennung im wertschätzenden Rahmen (und nicht zum Beispiel als zusätzliche Aufgabe) mitzuteilen, damit sie auch als solche verstanden wird.
Was ist aber passiert, wenn Anerkennung nicht angemessen wahrgenommen wird? Führungskräfte behaupten oft, Anerkennung und Lob ausgesprochen zu haben. Wenn Mitarbeitende genauer nachdenken, erkennen sie vielleicht tatsächlich, dass dies zwar gesagt wurde, sie es aber nicht wirklich gefühlt haben. Die Worte erreichen sie nicht. Ein Grund dafür könnte sein, dass Lob vom höheren Management oft an eine große Gruppe oder die gesamte Belegschaft gerichtet ist. Feedback, das nicht persönlich adressiert ist, erreicht zwar die Ohren, aber in der Anonymität der Gruppe wirkt es oft zu allgemein und oberflächlich. Es mag nett und angemessen gewesen sein, aber es fühlt sich nicht persönlich an. Wenn Anerkennung dann auch noch mit einer Mahnung oder Relativierung verknüpft wird, bleibt vor allem Letzteres in Erinnerung. Die individuelle Leistung erscheint plötzlich unzureichend, und selbst die Kollektivleistung scheint nicht ausreichend gewürdigt zu werden. Dieser Eindruck ist häufig bleibend, wird schnell in Gruppen laut und viral ausgetauscht, während individuelle Zwischentöne leise versickern. Gute Leistung jedweder Art ist schnell ein selbstverständliches Gut. Und ein explizit geäußertes Lob mag sich aufgrund eigener guter Leistung angemessen anfühlen, aber wird folglich ebenso leicht überhört und selektiv untergeordnet.
Es wird deutlich, wie viel mehr erreicht werden kann, wenn beispielsweise die Geschäftsführung sich die Zeit nimmt, auch individuelles, persönliches Feedback zu geben. Sie erzeugen damit Sichtbarkeit, unterstreichen Bedeutung und folglich die Wirksamkeit eines Einzelnen. Gleichzeitig wird erkennbar, welche wichtige Rolle direkte Vorgesetzte einnehmen, die eine engere Feedbackschleife sicherstellen können und sollten. Allerdings werden auch sie verständlicherweise nicht mehr gehört, wenn sie über Jahre hinweg dieselben Mitarbeitenden führen und die Wirkung ihrer Anerkennung im Laufe der Zeit nachlassen kann. Die aktuell häufig geäußerten Herausforderungen sind aber sicherlich (zu) große Führungsspannen und zu wenig Zeit für echte Führung, um unter anderem herauszufinden, was einzelne Teammitglieder benötigen. Doch gerade wenn jährliche Mitarbeitergespräche oder Austauschtermine auch viel Zeit im operativen Tagesgeschäft kosten, bleiben sie mit das wichtigste Instrument, um in Verbindung zu bleiben, Mitarbeitende zu hören und Transparenz und Verbindlichkeit zu zeigen bzw. einzufordern. Voraussetzung ist, dass sie richtig geführt werden.
Zusätzlich empfehlen wir Führungskräften, gelegentlich zu reflektieren, welchen Mitarbeitenden sie ihre meiste Aufmerksamkeit und damit ihre knappe Ressource -Zeit- schenken. In der Regel sind es Mitarbeitende, die aus verschiedenen Gründen unzureichende Ergebnisse liefern. Zuverlässige Mitarbeitende hingegen fliegen oft unter dem Radar. Obwohl sie als leistungsstark bekannt sind, wird ihre solide Leistung im Alltag schnell als selbstverständlich angesehen. Das Selbstverständliche wird unauffällig, und Unauffälligkeit fühlt sich unter Leistungsträgern selten gut an. Es liegt nahe, dass sich Führungskräfte zunächst um die Problembereiche kümmern sollten. Sie sollten jedoch in ihrer Kommunikation darauf achten, dass gute Leistung klar von der mangelhaften Leistung abgegrenzt wird. In diesem differenzierten Feedback können Leistungsträger erkennen, dass sie es wert sind, ihre Ziele weiterhin so engagiert zu verfolgen. Wenn Mitarbeitende jedoch ihre Führungskraft nicht mehr zu Gesicht bekommen und somit keine Möglichkeit haben, ihre Entwicklung, Ideen und Neuerungen zu teilen, orientieren sie sich leicht anders. Und gerade in Rekrutierungsprozessen wird hier gern angeknüpft und den Ideen und Meinungen eines potenziellen neuen Mitarbeitenden viel Raum gegeben. Ob diese umgesetzt werden, bleibt offen. Aber in dieser kritischen Phase wird daran geglaubt und ein Handeln danach ausgerichtet.
Allein den Fokus auf die Führungskraft zu richten, ist jedoch zu einfach gedacht. Auch Mitarbeitende sind angehalten, klar mitzuteilen, welche Art der Anerkennung ihnen wichtig ist, um ihre Führungskraft nicht scheitern zu lassen und die eigene Enttäuschung damit in Kauf zu nehmen. Was einfach klingt, fällt aber vielen Menschen nachvollziehbar schwer. Es mag kaum jemand zugeben, gern publikumswirksam und explizit von Vorgesetzten gelobt werden zu wollen. Das brauche man nicht, sei einem nicht wichtig – und wird doch als Mangel empfunden, wenn entsprechend konsequent zurückgehalten. Doch Anerkennung auszudrücken und anzuerkennen, ist nichts anderes als gelingende Kommunikation und hat demnach zwei Seiten. Wenn Sender und Empfänger aber bereits seit geraumer Zeit aneinander vorbeireden, wird eine gut gemeinte Botschaft auch ihren Zweck nicht mehr erfüllen.
Es ist folglich wichtig, auf beiden Seiten keine Routine entstehen zu lassen, Gedanken offen auszusprechen und regelmäßig zu überprüfen, was Mitarbeitende und ein Team benötigen (manchmal auch eine größere Veränderung) und gemeinsam auszuloten, was ein Unternehmen und stellvertretend die Führungskräfte bieten können. Wer Fluktuation vermeiden möchte oder Rückmeldungen aufgrund seiner eigenen Wahrnehmung nicht versteht, sollte sein eigenes Handeln hinterfragen und weiterhin den Dialog mit den Mitarbeitenden suchen. Nur so lässt sich bestmöglich vor einer (inneren) Kündigung herausfinden, ob Anerkennung ein echtes Thema und als solches hoffentlich zu lösen ist oder doch als Platzhalter für etwas fungiert, was sich nicht mehr richtig anfühlt, aber auch nicht mehr aufgelöst werden möchte.
Ist das auch ein Thema in Ihrem Unternehmen? Dann kontaktieren Sie uns gern. Wir begleiten Sie in Form von Sparrings, Konzepterstellungen oder individuellen Workshops.